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Bizarre Schätze aus dem Bauch der Erde

Published 19 Jun 2020

Festes Schuhwerk und ein krummer Rücken gehören dazu, wenn Hobbysammler in der Halde Clara im Schwarzwald unterwegs sind: Mit Pickel­, Hammer, Meißel und Eimer kann man sich in Wolfach auf die Suche nach Katzengold und anderen Mineralien machen. Agardit (hier auf Quarz) ist ein selten vorkommendes Mineral. Es bildet faszinierende gelblich- bis blaugrüne nadelige Kristallbüschel. Diesen schönen Fund hat der Mineralien-Experte Richard Bayerl im vergangenen September auf der Halde Clara im Schwarzwald gemacht, einer der mineralienreichsten Gruben weltweit. Foto: Bayerl Agardit (hier auf Quarz) ist ein selten vorkommendes Mineral. Es bildet faszinierende gelblich- bis blaugrüne nadelige Kristallbüschel. Diesen schönen Fund hat der Mineralien-Experte Richard Bayerl im vergangenen September auf der Halde Clara im Schwarzwald gemacht, einer der mineralienreichsten Gruben weltweit. Foto: Bayerl Wolfach - Früher, ja, früher, das waren noch Zeiten“, sagt Gerhard Fischer (77) und bekommt glänzende Augen. Seit 35 Jahren kommt er nach Wolfach im Schwarzwald, um auf den Gesteinshalden der Grube Clara nach Schätzen aus dem Bauch der Erde zu suchen. Um zu buddeln und zu klopfen. Um sich zu bewegen und zu schwitzen. Um zu entdecken – und sich zu freuen, wenn er mal wieder Azurit, Skorodit, Klinoklas, Fluorit oder ein anderes Mineral­ in den Händen hält. Glitzernd und strahlend. Oder noch mit einer Schicht Sand, Lehm und Erde überzogen. Einst hätten die Mineraliensammler, die bis heute aus aller Welt nach Wolfach anreisen, Zugang zu den großen Halden gehabt. Ständig seien Lastwagen angefahren, die das eben in der Grube in Oberwolfach abgebaute Gestein­ abluden. Die Sammler hätten sich dann sofort darauf­ gestürzt. 2007 jedoch musste der Gruben­betreiber, die Firma Sachtleben Bergbau, die hier jährlich etwa 160 000 Tonnen Fluss- und Schwerspat für die Industrie abbaut, diese Praxis aus Sicherheitsgründen­ einstellen. Was nun? „Wir wollten den Sammlern weiterhin ermöglichen, ihrem Hobby nachzugehen“, sagt Hans-Jörg Kovac (56), der bei Sachtleben als Obersteiger arbeitet. Seine Frau Kordula Kovac (58) habe zudem erkannt, wie wichtig die Mineraliensammler für den Tourismus in Wolfach sind. Kurzerhand pachtete das Ehepaar von Sacht­leben ein Areal direkt­ neben der Aufbereitungsanlage der Firma und eröffnete die Mineralienhalde Clara. Anfangs seien sie belächelt worden. Heute sei die Region­ nicht zuletzt durch die Halde bekannt. Etwa­ 10 000 Übernachtungen kommen laut Kovac jedes Jahr allein durch die Sammler­ zustande, die ins Kinzigtal pilgern: „Manche verbringen hier sogar­ ihren Jahresurlaub.“ Schließlich gilt die Grube Clara als eine der mineralienreichsten Gruben­ der Welt. Täglich werden hundert Tonnen Material angeliefert „Gut 400 Mineralien wurden hier bereits gefunden und bestimmt, einige sogar weltweit zum ersten Mal“, erzählt Richard­ Bayerl (47). Das Material auf der Halde werde ständig ausgetauscht, täglich würden bis zu hundert Tonnen angeliefert. Erfolgserlebnisse­ seien somit garantiert­. Der Stuttgarter Mineralien-Experte, der sein erstes ­Mineral, einen Agardit, mit 13 Jahren auf einer Börse kaufte, erinnert sich noch gut an die alten Zeiten. „Die neuen, kleineren Halden sind aber ebenfalls wahre Fundgruben“, erzählt Bayerl. Außerdem sei nun auch Kindern erlaubt, auf Entdeckungstour zu gehen. Das Publikum habe sich dadurch verändert: „Neben uns Sammlern kommen auch viele Schulklassen und Familien.“ Bayerls Kollege Gerhard Fischer­ nickt zustimmend: „Das ist gut. Wir brauchen doch Nachwuchs.“ Julia (9) und Gabriel Joos (6) zum Beispiel, sie sind leidenschaftliche Steinesammler: „Weil die so schön sind. Und oft ganz toll glitzern“, wie Julia sagt. „Ihr habt Glück“, erklärt die Halden-Mitarbeiterin Brunhilde Armbruster (63) den beiden. „Heute ist viel Katzengold zu finden. Und grünlich schimmernder Malachit.“ Die Geschwister sind mit ihren Eltern vom Bodensee angereist. Sogar die Ausrüstung haben sie mitgebracht. Außer Schutzbrillen. Die gibt’s am Eingang, für Kinder sind sie Pflicht. Wer keinen Pickel­, Hammer, Meißel und Eimer dabei hat – kein Problem. Das kann man sich alles leihen. Für das Eintrittsgeld von 12,50 Euro (Kinder zahlen 6, Familien 24 Euro) darf man sich den ganzen Tag durchs Gestein hauen – und etwa als Familie bis zu 20 Kilo mit nach Hause nehmen. Klingt nach viel, doch das Gewicht ist schnell beisammen. Vor allem­, wenn sich die Kinder von keinem ihrer Schätze trennen wollen. Julian (4) kniet an einem der Wasserzuber, an dem die Sammler die Steine reinigen können. Sorgfältig und konzentriert bürstet er drauf los – und brüllt jedes Mal, wenn sein Papa einen Stein aussortiert. Da fallen wohl noch mal ein paar Euro extra an, denn jedes weitere Kilo kostet 50 Cent. Mineraliensammeln als Ausgleich zum Beruf

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